Der fast perfekte Tag
August 29, 2023Taiwan – Einmal Rundherum
August 30, 2023Sommerferien 2021 – noch immer macht die COVID-Situation jegliche Reiseplanung schwierig. Aber deswegen gänzlich auf Ferien- und Reisepläne zu verzichten, ist auch keine befriedigende Option. Trotz einigen Risikofaktoren machten wir uns deswegen daran, nach langem wieder mal Safari-Ferien im Krügerpark in SA zu organisieren. Nachdem wir unsere Reise mehr oder wenig zusammenstellen konnten, wurde die COVID-Risikostufe in Südafrika erneut erhöht und stellte unser Vorhaben in Frage. Zusätzliche Tests, gestrichene Inlandflüge und dadurch eine Extra-Nacht in Johannesburg und die Unsicherheit, wie sich die Lage in zwei Wochen präsentiert. Schliesslich wurde uns das Ganze zu kompliziert und wir beschlossen, was immer möglich wieder zu canceln und uns eine Alternativ-Variante zu überlegen.
Zuerst etwas ratlos, erinnerten wir uns plötzlich an ein Projekt, das bei uns schon länger auf der sogenannten ‘Bucket List’ steht: Der Lechweg im österreichischen Lechtal. Ein Weitwanderweg, der von Füssen am Ende des Lechtals bis zur Quelle des Lech-Flusses, dem Formarinsee auf rund 1800 m.ü.M. liegt. Der gesamte Weg erstreckt sich über ca. 125 km, aufgeteilt in 7 Etappen.
Kurzentschlossen buchten wir bei einem der lokalen Reiseanbieter die folgende Variante:
Wängle nach Stanznach
Stanznach nach Elbigenalp
Elbigenalp nach Holzgau
Holzgau nach Warth
Warth nach Lech
Lech nach Formarinsee
Typischerweise startet der Weg eigentlich in Lech bzw. dem Formarinsee und endet in Füssen. Das heisst, wir liessen die erste sehr lange Etappe (25 km) aus und begannen das Trecking in umgekehrter Richtung. Nach ein paar Tagen in der Nähe der Lenzerheide und einem Stop-over in Ladis, reisten wir nach Wängle, deponierten dort unser Gepäck in der ersten Unterkunft, fuhren dann gleich weiter nach Lech, wo wir an unserem Endpunkt unser Auto stehen liessen. Zurück ging es dann mit dem Bus in rund zweieinhalb Stunden nach Wängle. Die Reise zurück zum Startpunkt erschien uns recht lange und wir überlegten uns, ob wir diese Strecke in diesen sechs bzw. fünf Etappen (die letzte Etappe von Lech zum Formarinsee war ja in dieser Busreise nicht mal enthalten) auch wirklich schaffen würden. Allerdings muss man dazu anmerken, dass der Bus auf dieser Fahrt viele Abstecher durch all die kleinen Dörfchen entlang der Lech machte und dies einen grossen Teil der langen Reisezeit in Anspruch nahm. Endlich in unserem Hotel etwas ausserhalb von Wängle angekommen, gab es eine erste, positive, Überraschung: Wir durften von einem Zimmer-Upgrade profitieren und konnten so unsere erste Nacht am Lechweg in einer ‘Suite’ mit grossem Balkon und prächtiger Aussicht verbringen – ein schöner Start.
Die erste Etappe von Wängle nach Stanznach hat eine Länge von 21.5 km und verläuft mit 120 Höhenmetern recht flach. Zu unserer grossen Freude hatten wir Glück mit dem Wetter und konnten gleich bei angenehmen Temperaturen und Sonnenschein losmarschieren.
Als kleinen Überblick fügen wir hier jeweils die Kurzbeschreibung von der offiziellen Lechweg-Website ein (beschrieben in umgekehrter Richtung):
Willkommen am wilden Fluss – der Lechweg führt Sie nun entlang der Schotterbänke durch die charakteristische Wildflusslandschaft. Immer weiter am Ufer des Flusses entlang gelangen Sie zur Johannisbrücke und weiter am Baggersee vorbei. Von Weißenbach wandern Sie zum Ausgang der Rotlechschlucht und weiter nach Rieden und an der Geschiebefalle vorbei bis Ehenbichl. Von Ehenbichl führt der Weg nach Höfen und schließlich nach Wängle.
Das Highlight dieser sehr schönen ersten Etappe war für uns eindeutig der Baggersee, an dem wir uns im klaren, smaragdgrün schimmernden Wasser eine erfrischende Abkühlung gönnten – herrlich!
Neu gestärkt ging es danach weiter, mehr oder weniger immer dem Fluss entlang, bis nach Stanznach, wo wir diesen langen Wegabschnitt auf der Sonnenterrasse unseres Hotels mit einem wohlverdienten grossen ‘Radler’ beendeten.
Die zweite Etappe von Stanznach nach Elbigenalp hatte bereits einen leicht alpineren Touch und führte über 19,5 km und 500 Höhenmeter. Wiederum zeigte sich der Himmel nur leicht bewölkt und wir durften mit einem schönen und trockenen Tag rechnen.
Der Lechweg führt von Elbigenalp direkt am Fluss entlang bis nach Häselgehr. Von Häselgehr wandern Sie an der Kirche vorbei Richtung Weiler Luxnach. Am Doser Wasserfall vorbei geht es auf dem Burweg und Panoramaweg weiter nach Elmen bis nach Vorderhornbach. Auf einem Steig wandern Sie hinab in das Dorf, wo ein Feldweg Sie weiter nach Stanzach führt.
Am sehr idyllischen Doser Wasserfall machten wir Mittagspause und genossen das kühle Lüftchen und schattige Plätzchen gleich neben dem sprudelnden Bergbach. Da die Sitz- und Essgelegenheiten an diesem lauschigen Plätzchen sehr beschränkt waren, gesellte sich dann auch noch eine nette, ältere Dame aus Heidelberg zu uns, die ebenfalls Wanderferien im Lechtal machte. Ansonsten war das Menschenaufkommen trotz Sommerferienzeit im Allgemeinen recht überschaubar. Vor allem auch, da wir den Weg in umgekehrter Richtung machten, trafen wir unterwegs kaum jemanden ausser so jeweils um die Mittagszeit herum, wenn uns eine Handvoll von Lechweg-Wanderern entgegenkam, die am Morgen aus der anderen Richtung aufgebrochen waren.
In Elbigenalp angekommen, machten wir gleich einen Stopp im örtlichen SPAR und kauften uns ein paar kleine Sachen für den Lunch am nächsten Tag. Dann suchten wir den ‘Alpenhof’, unsere Unterkunft für diese Nacht. Etwas überrascht, stellten wir fest, dass der ‘Alpenhof’ ein ausgewachsenes 4*-Alpen-Resort mit mehreren Gebäudekomplexen und einem eigenen ‘Wellness-Schlössl’ war. Wir hatten zwar nur ein bescheidenes Zimmerchen mit kleinem Fenster, dafür konnten wir auch das Wellness-Angebot nutzen, von dem es uns vor allem der Bio-Naturschwimmteich im Freien angetan hatte. Da wir für den Etappenhalt auch mit einer einfachen Pension zufrieden gewesen wären, waren wir nicht ganz unglücklich, am Morgen wieder unsere Rucksäcke zu packen und die nächste Etappe in Angriff zu nehmen.
Die dritte Ettape von Elbigenalp nach Holzgau durften wir nach einem heftigen Gewittersturm in der Nacht, erneut bei schönstem Wanderwetter – ein paar Wolken und angenehmen Temperaturen – beginnen. Auf dem kleinen Waldsträsschen, das aus Elbigenalp herausführte, lagen überall grössere und kleinere Äste rum – offenbar hatte es also wirklich ziemlich getobt in der vergangenen Nacht.
Für Schwindelfreie führt der Lechweg über eine spektakuläre Fußgängerhängebrücke. Wer nicht schwindelfrei ist, wandert auf der Originalroute das Höhenbachtal hinein und am Simmswasserfall vorbei. Auf Holzstegen geht es über das Landschaftsjuwel Schigge weiter in Richtung Stockach, von wo Sie stetig ansteigend zur Talstation der Jöchelspitzbahn im Benglerwald wandern. Von dort führt der Weitwanderweg Sie über die Modertalschlucht nach Seesumpf und weiter hinunter nach Bach. Unmittelbar am Lechufer führt der Lechweg Sie von Bach nach Elbigenalp.
Nach dem Dörfchen Bach führt der Weg weg von der Lech und steigt auf etwa 1200 m.ü.M an. Wir entschieden uns, diese kleine ‘Höhenschlaufe’ abzukürzen und wanderten weiter bis nach Stockach mehr oder weniger dem Fluss entlang. Dort trafen wir auf eine schöne alte Holzbrücke, die zwar nicht Teil des Weges ist, aber jedenfalls auch eine schöne Location für einen Zwischenhalt.
Gleich bei der Holzbrücke steigt der Weg wiederum etwas an und geht dann als sehr schöner Höhenweg weiter bis zum Höhepunkt der Etappe, zur Hängebrücke von Holzgau und dem nahegelegenen Simms-Wasserfall. Dort hat man die Wahl, entweder den Weg über die eindrückliche Hängebrücke abzukürzen oder bis ans Ende der Schlucht zu wandern und dort den Wasserfall zu bestaunen. Da wir uns aber eigentlich keines von beidem entgehen lassen wollten, überquerten wir zuerst das tiefe Tobel auf der Hängebrücke und gingen dann mit ein wenig Überwindung gleich wieder zurück. So konnten wir nach einem Picknick gleich ins Tal hinein weiterwandern, vorbei am imposanten Simms-Wasserfall und dann unter der Hängebrücke hindurch bis nach Holzgau. Mitten im idyllischen Dorf fanden wir schnell unser Hotel, wo wir den schönen Wandertag wieder traditionell mit einem leckeren Radler beendeten.
Bei der vierten Etappe von Holzgau nach Warth holte uns schliesslich das schon länger drohende Regenwetter ein. Keine Lust, rund 6 Stunden im Regen zu laufen, beschlossen wir, für knapp die erste Hälfte der Etappe den Bus zu benutzen. In Prenten stiegen wir dann wieder aus und stürzten uns unter einem Vordach als Erstes gleich in unsere Regenklamotten. Gut eingepackt und bei mässigem Regen nahmen wir den restlichen Teil dieser Etappe in Angriff.
Sie wandern über den Panoramaweg in Richtung Steeg. Es öffnen sich wunderbare Ausblicke hinein ins Lechtal. Auf der alten Bundesstraße führen einige Serpentinen schließlich hinunter zum Lech. Am Lechufer entlang wandern Sie über eine Brücke in den Ort Steeg. Von Steeg führt Sie ein Feldweg weiter Richtung Hägerau. Entlang des Jochwegs führt der Weg weiter nach Holzgau – Ihrem heutigen Etappenziel.
Trotz des regnerischen Tages genossen wir diese Strecke sehr. Die Lech hatte sich von einem ausladenden Fluss mit weiten Kiesbänken zu einem wilden Gebirgsbach gewandelt. Der Weg ging nun auf einem Kiessträsschen in vielen Kurven immer höher hinauf, bis sich auf ca. 1500 m.ü.M die Sicht wieder öffnete und einen schönen Blick ins Lechtal und auch schon auf unser Tagesziel, Warth, freigab. Kurz bevor wir das Örtchen erreichten, legte der Regen nochmals zu und wir waren dann doch sehr froh, als wir den ‘Biberkopf’, unsere heutige Unterkunft erreichten. Das Lifestyle Berghotel, wie es sich selber nennt, hat uns sehr gut gefallen – sehr ansprechendes Design, zuvorkommendes Personal, schöner Spa-Bereich und köstliches Frühstücksbuffet. So hatten wir uns vom etwas unterkühlten und feuchten Wandertag sehr schnell wieder erholt.
Die fünfte und zweitletzte Etappe, bevor wir die Quelle der Lech erreichten, war relativ kurz und beinhaltete auch nicht allzu viele Höhenmeter. Unser Tagesziel war Lech, wo wir als einziger Ort zweimal übernachteten.
Die Etappe führt Sie oberhalb von Lech am Arlberg bis zum Grenztobel, der Gemeindegrenze zwischen Lech und Warth. Sie überqueren die Geißbrücke und wandern stetig ansteigend bergauf zum Walserdorf Warth. Vom Dorfzentrum führt der Lechweg vorbei am historischen Walserhus und der Pfarrkirche Warth. Anschließend überqueren Sie eine kleine Brücke Richtung Gehren und Lechleiten, welche somit auch auf Tiroler Boden führt.
Zu unserer grossen Freude hatten sich die Regenwolken wieder verzogen und wir konnten wieder mit kurzen Wanderhosen und blauem Himmel starten. Auf etwa halber Strecke hatten wir ein wenig mit den Auswirkungen des Regenwetters zu kämpfen, da die Wiesenwege, eh schon arg von den Kühen zertrampelt, sich teilweise nun völlig in Schlamm verwandelt hatten. Nachdem wir das jedoch hinter uns gelassen hatten, war der Weg – wie übrigens fast auf der ganzen Strecke – wieder tiptop und wir konnten nach rund fünf Stunden noch relativ frisch in Lech einmarschieren. Da sich die Pension Widderstein am anderen Ende vom recht langgezogenen Lech befand, verlängerte sich die Tagesdistanz noch ein wenig – dafür hatten wir dann auch schon eine Dorfbesichtigung gemacht. Lech ist im Vergleich mit den anderen Orten, an denen wir vorbeigekommen sind, sicherlich die bekannteste Destination – dementsprechend natürlich auch einiges belebter mit ein klein wenig Schickimicki-Alarm … Unser Nachtessen im Lecher Hof und auch den sehr angenehmen Aufenthalt in der Pension Widderstein können wir allerdings nur loben.
Als krönender Abschluss stand nun noch die letzte Etappe auf dem Programm. Diese schlug mit rund 15 km, ca. 520 Höhenmeter und rund 5 Stunden Marschzeit zu Buche.
Auf leichten Bergwegen schlängelt sich der Lechweg durch das Lechquellgebiet, bis sich der Formarinbach und der Spullerbach zum jungen Lech vereinen.
Wir konnten direkt von der Pension aus loslaufen, zuerst wieder durch das Dorf und dann wie gewohnt immer der Lech entlang Richtung Formarinsee, der Quelle der Lech. Dieser letzte Teil ist natürlich auch eine beliebte Wanderroute von Lech aus und ist sicher nicht zuletzt deswegen wirklich schön mit vielen Holzstegen dem Flussufer entlang ausgebaut. Der obere Teil des Weges ist wieder etwas alpiner und beansprucht wohl auch einen Grossteil der über 500 Höhenmeter für sich. In diesem Gebiet sollen auch grössere Steinbock-Kolonien anzutreffen sein. Leider hatten wir jedoch kein Glück und mussten uns mit dem Steinbock-Gedenkstein begnügen. Prompt bei unserer Ankunft am Formarinsee, setzte wieder leichter Regen ein, der jedoch von kurzer Dauer war und wir doch noch im Trockenen unser Abschlusspicknick geniessen konnten. Zurück ging es dann gemütlich mit dem aussichtsreichen zweistöckigen Panoramabus – allerdings mit 20 Euro pP nicht ganz billig. Zurück in Lech feierten wir den erfolgreichen Abschluss des Lechwegs mit – du ahnst es wohl – ja, klar, einem kühlen, feinen Radler …