Im Bärenland
June 19, 2023Im Land der langen Schatten
June 25, 2023Nachdem wir im letzten Sommer den Lechweg in Österreich sehr genossen hatten (s. Blog-Artikel), machten wir uns für diesen Frühling wieder auf die Suche nach einer geeigneten Weitwanderung. Uns gefällt das Konzept, bei dem man in mehreren Tagesetappen von einem Ort zum anderen wandert, dabei aber nur einen Tagesrucksack mittragen muss während die schwerere Reisetasche in dieser Zeit in die nächste Unterkunft transportiert wird. So sieht man jeden Tag wieder neue Gegenden, Dörfer und hat auch noch einen – bisher meist positiven – Überraschungseffekt, wo man dann jeweils die nächste Nacht verbringen wird.
Nach ein wenig Recherche fiel unsere Wahl auf ein Küstentrekking von Südfrankreich nach Nordspanien. Einigermassen wettersicher, noch nicht allzu warm, eine interessante Küstenlandschaft, die Aussicht auf feines Essen und nicht zuletzt der Reiz über die ‘grüne’ Grenze von Frankreich nach Spanien zu wandern, waren für uns genug Gründe, dies auszuprobieren. Zudem bot sich damit auch gleich die Gelegenheit an, die Anreise mit einem kleinen Roadtrip zu verbinden, der uns wieder an unsere erste gemeinsame Frankreichreise vor rund 25 Jahren zurückdenken liess.
Wir buchten das Trekking wieder beim gleichen Anbieter ‘Abenteuer Wege’ weil uns einerseits die Aufteilung der einzelnen Etappen und auch ihre App mit detaillierten Wanderkarten (auch für Offline-Gebrauch) gut passte.
Ein paar Facts:
Dauer: 8 Tage (26.4. – 3.5.)
Gesamtstrecke: 87 km
Von Collioure (FR) nach Cadaqués (ES)
Da wir für die Anreise nicht allzu lange nur hinter dem Steuer sitzen wollten, teilten wir die Strecke auf drei Tagesetappen auf. Am ersten Tag bis Grenoble, danach St. Marie de la Mer, mitten in der Camarque und schlussendlich Ankunft am frühen Nachmittag des dritten Tages in Collioure, wo wir im Hotel Casa Pairal sehr freundlich empfangen wurden. Nach kurzem Zimmerbezug mischten wir uns unter die recht zahlreichen, meist einheimischen, Touristen, um das malerische Küstenstädtchen zu erkunden. Mit erfrischendem Apéro und gediegenem ‘Diner’ fühlten wir uns gut gestärkt für die erste Wanderung.
Tag 2: Rundgang ab Collioure – 14 km
Hier jeweils die ‘offizielle’ Beschreibung des Touren-Anbieters abenteuerwege.de … mit ein paar zusätzlichen eigenen Anmerkungen:
Ihre Tour beginnt mit einer Wanderung zum Turm von Madeloc aus dem 13. Jahrhundert, der hoch auf den Hügeln über Collioure liegt. Der Weg geht durch schöne Weinberge, die beim steileren Aufstieg von duftender Maccia und Buschlandschaft abgelöst werden. Ein grandioser Panoramablick über die Roussillon-Ebenen bis hinunter zum glitzernden Meer belohnt Sie, bevor es wieder hinunter nach Collioure geht. Genießen Sie einen gemütlichen Bummel durch die engen Gassen und Kunstläden dieses bunten und lebhaften Ortes.
Die Etappen bei dieser Tour waren so aufgeteilt, dass beim ersten und letzten Ort, also in Colliure und dann in Cadaqués noch zusätzliche Rundtouren eingeplant waren und wir dort jeweils zwei Nächte verbrachten. Bei der ersten Etappe ging es also ausnahmsweise nicht der Küste entlang Richtung Spanien, sondern hoch zu dem auf rund 650 M.ü.m. gelegenen ‘Tour de Madeloc’. Eine sehr schöne und aussichtsreiche Wanderung aber auch sehr steil und nicht ganz ohne. Wir waren jedenfalls ganz froh nach rund 6 Stunden Wandern im tatsächlich sehr hübschen aber auch ziemlich touristischen Örtchen ein wohlverdienten Apéro zu geniessen …
Tag 3: Wanderung nach Banyuls-Sur-Mer – 17 km
Entlang der Küste geht es zum geschäftigen Port Vendres. Der Weg führt an Fels – und Badebuchten vorbei bis zum Cap Bear und seinem bekannten Leuchtturm. Der Strand von Paulilles lädt zu einem erfrischenden Bad ein, bevor Sie schließlich Banyuls-Sur-Mer erreichen. Diese charmante Küstenstadt ist bekannt für ihre Dessertweine aus den Grenache Noir-Trauben, die in den umliegenden Terrassenweinbergen wachsen. Entspannen Sie Ihre Beine und probieren Sie beim Abendessen ein Glas Banyulswein.
Bei dieser ersten Küstenetappe merkten wir schnell, das Küstenwandern sich etwas unterscheidet vom Bergwandern, wie wir uns das eigentlich mehr gewöhnt sind. Anstatt einem Gipfelziel entgegenzusteigen geht es ständig rauf und runter – und von einer Bucht wieder raus zur nächsten Landzunge. Das zehrt doch ziemlich an den Kräften und ist ein wenig frustierend, weil man für eher kürzere Distanzen sehr viel Zeit benötigt. Leider waren auch die Zeitangaben auf den Wegweisern dabei nicht sehr hilfreich, da die angegebenen Marschzeiten nicht wirklich realistisch waren – ausser man ist als Trailrunner unterwegs. Wir benötigten jedenfalls meistens ca. eine Stunde mehr als dort angegeben. Die Beschilderung und Kennzeichnung der Wege an sich war jedoch tiptop und mit der von Abenteuer Wege zur angebotenen App, auf der die Karten aller Etappen auch auf dem Smartphone verfügbar waren, fanden wir (fast) immer problemlos den richtigen Weg.
Tag 4: Wanderung nach Portbou – 13 km
Bienvenido a España! Heute überqueren Sie die Grenze nach Spanien. Von Banyuls-Sur-Mer aus führen Klippenpfade hoch über dem türkisfarbenen Meer an zahlreichen geschützten Buchten vorbei. In Cerbere- der letzten französischen Stadt vor Spanien, können Sie eine Erfrischung zu sich nehmen – bevor es über eine zerklüftete Landzunge weiter nach Portbou geht. Von Portbou aus nehmen Sie den Zug (10 Minuten) zum nahegelegenen Fischerhafen Llanca, Ihrer nächsten Übernachtung.
Mit der heutigen Etappe erreichten wir bereits Spanien. Aber zuerst führte der Weg nochmals der Küste entlang bis nach Cerbère, wo wir uns als Abwechslung zu den sonst üblichen Picknicks, ein Zmittag in einem Restaurant gönnten – ganz untypisch gab es eine feine Pokébowl mit Lachs. Frisch gestärkt ging es danach raus zum ‘Phare du Cap Cerbère’ und von dort steil hoch zum Pass ‘Col de Belitres’, wo wir dann die Grenze nach Spanien überschritten. Auf dem Pass stehen einige Gedenktafeln, die an die sogenannte ‘Retirada‘ im Frühjar 1939 erinnern, als nach dem militärischen Sieg des Diktators Franco über die Republikanische Armee hundertausende Spanier nach Frankreich flohen. Etwa 100.000 kamen über eben diesen Grenzpass bei Cerbère nach Frankreich. Sehr interessant und ein Teil der europäischen Geschichte, der für uns bisher nicht sehr bekannt war.
Vom Col de Belitres aus konnten wir bereits das unten am Meer liegende ‘Portbou’ sehen und nach einem kurzen Abstieg marschierten wir auch rund eine halbe Stunde später in diesem ersten Dörfchen auf spanischer Seite ein. Von nun an hiess es also nicht mehr ‘Bonjour’ sondern ‘Buenas dias’ oder einfach ‘Hola’. Da Portbou ja nicht unser Tagesziel war, suchten wir gleich den Bahnhof um von dort mit dem Zug nach Llanca zu fahren. Das klappte auch alles bestens und wir hatten sogar Glück, dass der nächste Zug bereits in etwa15 Minuten abfuhr – ansonsten hätten wir rund 2 Stunden warten müssen.
Tag 5: Wanderungen nach Port de la Selva – 15 km
Von einem sanften Küstenweg aus steigen Sie zum imposanten Benediktinerkloster Sant Pere de Rodes (520 m) auf, das aus dem 10. Jahrhundert stammt. Ein atemberaubender Blick über das alte Weinbauland und die wilden Felsformationen des Nationalpark Cap de Creus bis hin zu den Weiten des Meeres lässt Sie innehalten. Von hier aus geht es hinunter nach Port de la Selva, wo sie die Sicht auf eine grandios glitzernde Küste begleitet.
Ein wenig gebeutelt von den letzten, eher strengen Etappen und auch ein wenig misstrauisch geworden bezüglich den angegebenen Marschzeiten, beschlossen wir die heutige Etappe etwas zu kürzen und gemütlich der Küste entlang nach Port de la Selva zu laufen ohne den grossen Abstecher zum Kloster zu machen. Dafür wäre es nochmals steil hoch gegangen und hätte die Wanderung wohl um gut 2 Stunden verlängert.
Der Küstenweg von Llanca nach Port de la Selva ist sehr schön angelegt und gleicht eher einer Küstenpromenade als einem Wanderweg. Aber wir waren nicht unglücklich und genossen es, für einmal nicht ständig steil runter- und hochsteigen zu müssen, sondern es etwas gemütlicher zu nehmen und unterwegs ab und zu mal wieder zu rasten und die schöne Aussicht zu bewundern.
So erreichten wir Port de la Selva schon am früheren Nachmittag und nutzten die Zeit, das kleine Örtchen zu erkunden und uns einen ‘Sundowner’ in einer Strandbar zu genehmigen.
Tag 6: Wanderung nach Cadaques – 13 km
Wir verlassen die Küste und durchqueren über felsige Wege das komplette Naturschutzgebiet des Cap de Creus. Hinter Port de la Selva geht es hoch auf ein Plateau, auf dem sich der Weg durch zerklüftete und felsige Landschaft windet. Gelegentlich werden Sie noch einen Blick auf das elektrisch-blaue Meer erhaschen können. Wenn das weiß getünchte Dorf Cadaques in Sicht kommt, genießen Sie den leichten Abstieg in die Stadt. Cadaques ist vor allem für die Verbindung zum berühmten surrealistischen Künstler Salvador Dali bekannt.
Um unser letztes Etappenziel, Cadaques an der Costa Brava zu erreichen, ging es wieder ins Inland und dann quer durch den Cap de Creus Nationalpark. Obwohl das Meer nun nicht mehr so nah war, gehörte diese Strecke für uns zu den schönsten Abschnitten des ganzen Weges. Von etwas ausserhalb von Port de Selva stieg der Weg mässig steil an auf rund 400 m.ü.M. und dann angenehm weiter bis zu einem Pass, von wo man bereits auf das wiederum schön an der Küste gelegene Cadaques hinuntersehen konnte. Wir waren auf dem schön angelegten weg mehr oder weniger alleine unterwegs, das Wetter war perfekt – schön, aber nicht zu heiss und die Blumen und Sträucher waren in voller Blüte – was will man mehr. Auf etwa halber Strecke begegneten uns – zum ersten Mal auf dieser Tour – sogar eine kleine Kuhherde – inkl. Glockengeläut …
Kurz bevor der Weg in Cadaques endet und in eine Asphaltstrasse übergeht befand sich gleich am Weg der Eingang zu unserem Hotel. Wow, Volltreffer. Ein sehr schönes, kleines Hotel mit Pool, einer schönen Terrasse, einer Rooftop-Lounge, nur ganz wenigen Gästen und mit bester Aussicht auf das malerische Cadaques.
Tag 7: Rundgang zum Leuchtturm Cap de Creus
Beenden Sie Ihre Reise mit einer Wanderung zum Leuchtturm Cap de Creus, der als der östlichste Punkt der iberischen Halbinsel gilt. Olivenhaine, bunte Kakteen und grandiose Blicke auf die Buchten begleiten Sie auf dem Weg. Als zusätzlichen Höhepunkt führt Sie der Weg an Port Ligat vorbei, der Heimat von Dali. Sein Haus ist heute ein Museum, das Casa-Museo Salvador Dali. Wenn Sie das Museum besuchen wollen, was wir ihnen sehr empfehlen, lohnt es sich im Voraus zu buchen. Zurück in Cadaques können Sie noch durch die bunten, gepflasterten Straßen wandern und Ihren letzten Abend in einem der vielen kleinen Restaurants mit Blick auf die Bucht genießen
Da wir uns an diesen letzten Tagen in Cadques eigentlich noch etwas erholen wollten – und auch auf Empfehlung unserer netten Gastgeber vom ARRELS HOTEL hin, tauschten wir die Wanderung zum Leuchtturm Cap de Creus mit derjenigen zum Far de Cala Nans. Ebenfalls ein Leuchtturm, der sich aber auf der anderen Seite der Bucht von Cadaques befindet und ein wenig einfacher und in kürzerer Zeit erreichbar. Der Weg dahin ist sehr schön, führt ebenfalls durch den Cap de Creus Nationalpark und ist landschaftlich mindestens genauso attraktiv.
Zurück in Cadaques wollten wir noch das Wohnhaus von Salvador Dali besuchen. Leider gelangten wir dabei irgendwie auf einen kleinen Küstenpfad, der plötzlich in einer Sackgasse endete bzw. nur noch mit einer kleinen Kletterpartie fortzusetzen gewesen wäre. Aus Sicherheitsgründen machten wir deshalb wieder kehrt und genehmigten uns dafür noch ein Gelati im Städtchen.
Für die Rückreise bestellten wir uns am Morgen des letzten Tages ein Taxi, das uns auf einer sehr kurvigen Strecke in etwa 1 1/2 Stunden wieder zurück nach Coillure brachte -vorbei an all den Orten, an denen wir die vergangenen 6 Tage vorbeigewandert waren. Das war zwar nicht gerade die günstigste Variante aber nachdem wir intensiv aber erfolglos nach einer einigermassen sinnvollen ÖV-Verbindung gesucht hatten, die weitaus effizienteste.
Dafür waren wir dann auch schon früh wieder in Collioure, wo wir nach kurzem Umpacken gleich die Rückfahrt antreten konnten. Für die Rückreise hatten wir auf einer etwas direktere Route, zwei Tage eingeplant – mit einer Übernachtung wiederum in der Nähe von Grenoble.
Uns hat diese für uns eher ungewohnte Art von Weitwanderung der Küste entlang sehr gut gefallen. Wir mussten uns allerdings ein wenig daran gewöhnen, dass bei solchen Streckenprofilen noch mehr als sonst gilt: Der Weg ist das Ziel!
Und da der Weg und was man dabei erleben und sehen kann wunderschön und bereichernd war, sind wir mit unserem Küstentrekking von Frankreich nach Spanien sehr zufrieden und behalten dies als schönes Erlebnis in guter Erinnerung.