Gestrandet
July 25, 2023Immer noch gestrandet..
July 27, 2023Zhongdian, 10. bis 12. März 2008
Nach einer langen, aber sehenswerten Fahrt über (noch verschneite Schnee-) Pässe rauf und runter, durch sehr abgelegene und kärgliche Naxi-Siedlungen mit vielen Schweinen, Pferden und zottligen Kühen (keine Yaks, sondern die im Himalaya häufig anzutreffende Misch-Gattung..), kamen wir beim “Salong Hotel” in Zhongdian an. Der Abschied von Martin und dem Fahrer war kurz – die Ärmsten mussten sich nun wieder auf die lange Fahrt nach Lijang zurück machen. Wie in unserer Tradition üblich, überreichten wir dem Trekkingguide ein “Swiss Army Knife”
Wir waren froh, nun hier zu sein und genossen es, ein schön geheiztes Zimmer beziehen zu können.
Mit der warmen Dusche nach dem schweisstreibenden Trekking war es allerdings etwas schwieriger. Gemäss Instruktion des Hotelpersonals liessen wir die Brause also mal rund eine Viertelstunde laufen, bis der eisige Wasserstrom langsam erträgliche Temperaturen annahm. Offenbar war das Bad aber nicht für Trekker ausgelegt, die sich eine ausgiebige Wellness-Dusche gönnen wollen. Nach kurzer Zeit stand nicht nur die Dusche, sondern gleich das ganze Bad unter Wasser. Bis am nächsten Morgen war die Überschwemmung aber mehr oder weniger wieder abgeklungen :-o
Erfrischt stürzten wir uns ins Abenteuer “Nachtessen-Suche”. Da es schon acht Uhr und dunkel war, versuchten wir unser Glück gleich im Hotel. Die etwa acht Serviceangestellten (beschäftigt mit null Gästen) waren sehr nett und hilfsbereit. Doch da es weder eine englische Menükarte noch irgendwelche Abbildungen gab, ernteten unsere Versuche, irgendwas zu bestellen, lediglich verständnislose und entgeisterte Blicke. Offenbar logieren hier sonst nicht allzu viele ausländische Touristen.. So waren wir halt gezwungen, uns in der näheren Umgebung was zu suchen und hielten Ausschau nach einem Lokal, in dem wir uns möglicherweise verständlich machen könnten.
Neben vielen kleinen sehr chinesisch wirkenden Esslokalen entdeckten wir ein gemütliches Restaurant, das mit “Tibetan Food” angeschrieben war – hmm, das klingt doch irgendwie Englisch..
Frohgemut und wieder als einzige Gäste bestellten wir Momos. Aber zu unserer Enttäuschung herrschte bei den Damen darauf wieder nur Verständnislosigkeit! Nix Englisch und keine Ahnung, was wir wollten.. OK, das verlangte nach drastischeren Massnahmen: So marschierten wir mit den Ladies eben in die Küche und schauten uns um, was uns denn so als Znacht dienen könnte.:-))
Nach viel Gestikulieren, Deuten, Lachen und Kopfschütteln schafften wir es tatsächlich, Tomaten mit Ei und superleckere, ganz knusprig mit Chili gebratene Pilze zu bestellen. Doch das mit dem Tee ging ein wenig daneben! Wir dachten, das Kännchen oder besser gesagt, die Riesenkanne, die sie uns auf den Tisch stellten.beinhalte normalen Grüntee oder Chinese Tea oder so. Doch da es sich ja um ein tibetanisches Restaurant handelte, wurde hier üblicherweise der berühmt-berüchtigte Buttertee, ein sehr nahrhaftes Gemisch aus Tee, Yakbutter und Salz, serviert. Den konnten wir schon bei unserem Besuch des nordindischen “Ladakh” vor zwei Jahren nicht ausstehen und mussten ihn nun auch hier stehen lassen :-o
Am Morgen begrüsste uns ein strahlendblauer und für eine Höhe von fast 3500 müM typisch hell gleissender Tag. Mit Rücksicht auf die ungewohnt dünne Luft, hatten wir uns heute lediglich einen Besuch im nahegelegenen buddhistischen Kloster Songzanlin vorgenommen. Wir stellten uns also an die Strasse und winkten den Bus Nr. 3 heran, der uns gemäss unserem Reiseführer zum besagten Kloster bringen sollte. Wir zeigten dem Buschauffeur unsere aufgeschriebenen chinesischen Zeichen, worauf er nickte und wir uns ein Plätzchen in dem kleinen, sehr klapprigen Büschen suchten.
Irgendwann unterwegs brüllte der Fahrer irgendwas und meinte damit ganz offensichtlich uns, doch wir hatten natürlich keine Ahnung, was er wollte. Doch als er dann vor einem kleinen Ticket-Häuschen hielt, wurde uns klar, dass wir hier wohl kurz aussteigen mussten, um ein Billet für das Kloster zu lösen – war zwar ein wenig verwirrlich, weil wir immer noch in der Stadt waren und noch ca. 20 Minuten bis zu unserem Ziel fahren mussten. Kurze Zeit später sahen wir schon von weitem die majestätisch in den Himmel ragenden Dächer des leicht erhöht auf einem kleinen Hügel liegenden Klosters. Songzanlin ist das bedeutendste Kloster in Südwestchina – Zurzeit leben hier rund 600 Mönche.
Vor dem Eingang standen ein paar Marktstände mit den in der Himalaya-Gegend immer wieder anzutreffenden buddhistischen Souvenirs, wie etwa Halsketten und Armbänder aus Holzkugeln in allen Grössen, Räucherstäbchen oder den ganz charakteristischen Hand-Gebetsmühlen. Daneben hatte es aber auch ein paar Frauen, die mit ihren kleinen Kindern oder flauschigen mini-Schafen für ein Fotosujet parat standen. Mitleid hatten wir mit einem schön zurecht gemachten Yak, das dort auf dem heissen Platz stehen musste und von seiner Besitzerin immer wieder aufgescheucht wurde, sobald es sich hinlegen wollte – es durfte eben nicht dreckig werden, sonst wäre das Fotosujet nicht mehr so optimal..
Das Kloster wirkte ziemlich verlassen. Von den vielen Mönchen sahen wir nicht allzu viel, ausser am Mittag, als alle aus ihren Behausungen Richtung Essaal strömten. Nach den edlen und reich verzierten “Wats” in Südostasien erscheint uns das jeweils Tempelinnere der Klöster hier im Himalaya eher düster und mittelalterlich – eher so im Stil von “Der Name der Rose”. Allerdings passt das auch sehr gut in die rauhe und karge Gegend mit den hohen Schneebergen..
Zürück in Zhongdian, spazierten wir am späteren Nachmittag durch die kleine, malerische Altstadt. Doch momentan ist hier noch Zwischensaison. Viele Geschäfte und Restaurants sind noch geschlossen und werden für den kommenden Touristenansturm auf Vordermann gebracht. In der “Yak-Bar” fanden wir dann aber doch was Feines zu Essen – sogar mit Englischem Menü!
Auf dem Rückweg zum Hotel kamen wir an einem grossen öffentlichen Platz vorbei, auf dem sich 200-300 Leute zu einem sogenannten “Circle-Dance” versammelt hatten. Das sind offenbar mehr oder weniger spontante Veranstaltungen, bei denen für die Chinesen allgemein bekannte Lieder abgespielt werden, zu denen Jung und Alt in sehr gekonnter und gut eingeübter Weise in einem grossen Kreis einen eindrucksvollen Gruppentanz vollführen!
Wurde mal ein Titel gespielt, der nicht zum Volksrepertoire gehörte, standen alle still, bis der “DJ” einsichtig wurde und eines der bekannten Tanzstücke wählte.. Das war für uns ein sehr interessantes Spektakel und auch ganz eine neue Erfahrung zu sehen, dass sich die Chinesen auch in der Masse sehr friedlich und harmonisch verhalten können – obwohl wir dem Treiben gerne noch lange zugeschaut hätten, mussten wir der Kälte nachgeben und uns ins warme Hotelzimmer zurückziehen.
Und mit diesem letzten Tag in Zhongdian ging unsere Zeit in China zu Ende. Morgen würden wir nach Lhasa in Tibet fliegen. Auch wenn die Ereignisse in Tibet unsere Zeit in China ein wenig überschatteten, können wir trotzdem eine durchaus positive Rückschau halten. Neben den einmaligen Landschaften und Sehenswürdigkeiten werden uns auch die Menschen als meist sehr herzlich, intelligent und neugierig in Erinnerung bleiben.
Kommt man mit einzelnen Leuten in Kontakt, so ist das immer ein sehr herzliches Erlebnis.
Zu gerne würden sie mit uns sprechen, genau so wie wir mit ihnen. Aber die Sprachbarriere ist schlicht und einfach zu gross und reduziert die Kommunikation auf ein Minimum – und die Angst der Chinesen, “das Gesicht zu verlieren”, machen solche Kontakte oft auch nicht einfacher. Allerdings sind Geduld, Freundlichkeit und sehr viel Lachen auch hier Verständigungsmittel, die eigentlich immer irgendwie zum Ziel führen :-))
Von Chinesen in der grossen Masse bekommt man jedoch einen eher ruppigen und unzimperlichen Eindruck. Ist für uns aber irgendwie auch verständlich – die Ärmsten haben ja gar nicht die Zeit, auf die übrigen 1’299’999’999 oder so Mitchinesen Rücksicht zu nehmen, dauernd auszuweichen oder jemand anderen den Vortritt zu lassen.
Was uns aber sicher am besten in Erinnerung bleiben wird, ist das Essen. Mmmmmh, uns läuft gleich wieder das Wasser im Munde zusammen. Wir wurden richtiggehend süchtig nach der richtigen Beigabe Chili. Praktisch wo immer wir hinkamen, wurde fein gekocht. Das letzte schlechte Esserlebnis liegt wohl zurück in Hongkong. Das hat uns viel Vergnügen gemacht, jeweils ein Menü mit z.B. einem Teller Gemüse, einem Teller Fleisch und einem Teller Tofu usw. zusammenstellen, dazu “steamed rice”, und dann mit den Stäbchen zu attackieren. Das wird uns sicher fehlen.
Was wir sicher nicht vermissen werden, ist der künstliche Entzug von Informationen, bzw. die einseitigen Nachrichten des einzigen englischen TV-Sender CCTV9. Leider kann sich die ganze Masse der rund 1.3 Mia! Chinesen fast nur mit zensurierten Informationen via Zeitungen, Fernsehen, Radio etc. eine Meinung bilden – der Spielraum für individuelle Ansichten und Perspektiven ist dadurch schon sehr eingeschränkt!
Ebenfalls fanden wir es schade, nicht richtig mit den Leuten kommunizieren zu können – da geht vieles verloren. Und zu guter Letzt freuen wir uns wieder auf etwas ruhigere Zeiten (allerdings wohl erst nach Nepal und Indien ;-), gelten die Chinesen doch als das lauteste Volk der Welt :-o