Turtle Territory!
August 25, 2023“Iisches Horu” – oder das Matterhorn von Costa Rica
August 29, 2023Nachdem wir uns diesen Sommer auf dem Vierwaldstättersee zu zertifizierten Binnensee-Skippern ausgebildet hatten (D-Schein), waren wir sehr neugierig darauf, wie es denn so auf einer Hochsee-Segeljacht zu und her geht. Also suchten wir ziemlich spontan eine Möglichkeit für einen ca. einwöchigen Segeltörn – als Premiere, vorzugsweise mal nur zu zweit. Um bei einem der “klassischen” Ausbildungs- und Ferientörns – z.B. in Kroatien – dabeizusein, sah es eher schlecht aus, da wir zeitlich ziemlich knapp dran waren mit Buchen – und für einen Törn zu Zweit schon gar nicht. Nach ein wenig Internet-Recherche sind wir auf einen deutschen Anbieter gestossen, der individuelle Törns in der Bretagne/Ärmelkanal anbietet und für die gewünschte Zeit (1. Hälfte August) auch ein Skipper mit seiner Yacht zur Verfügung hatte. Alors, pourquoi pas? Bretagne und Ärmelkanal sind zwar nicht gerade bekannt für karibische Verhältnisse, schön und interessant ist das Gebiet jedoch allemal. Also entschlossen wir uns für einen sechstägigen Segeltörn vom malerischen St. Mâlo an der bretonischen Küste aus. Als erstes kontaktierten wir dann gleich unseren Skipper, Jean-Yves, um herauszufinden, wie und wo wir uns treffen können und was wir ausrüstungstechnisch denn so mitbringen sollten.
Wir würden ihn also am 3. August in einem Nachbarort von St. Mâlo treffen, dort unser Auto abstellen und mit ihm zur Yacht fahren – trés bien. Um die nordfranzösische Küste zu erreichen, planten wir zwei Tage ein, insbesondere da wir vorher noch den Mont St. Michel nicht weit entfernt von St. Mâlo besichtigen wollten. Am ersten Tag schafften wir es bis Chartres, wo wir nach einer eher ungewollten Tour durch das Stadtzentrum in einem Hôtel Première Classe etwas ausserhalb übernachteten (der Hotelname ist ev. leicht irreführend. Hôtel Première Classe ist eine Motel-Kette, die vornehmlich in Industriegebieten rund um die grösseren Städte anzutreffen ist. Einfach, sauber und günstig – ca. 60 Euro für Doppelzimmer mit einfachem Frühstücksbuffet.) Am nächsten Morgen ging es früh los Richtung Mont St. Michel. Am Nachmittag trafen wir dann in Beauvoir, einem Örtchen direkt beim Mont St. Michel ein, checkten im reservierten B+B “Les Vielles Digues” ein und bezogen unser leicht kitschiges, plüschverziertes, aber gemütliches Zimmer. Nach kurzem Umziehen ging es direkt zu Fuss los zum ca. 3 km entfernten Mont St. Michel. Für alle, die noch nie davon gehört haben: Der Mont St. Michel ist nicht wirklich ein Berg, sondern eine kleine Felseninsel im Wattenmeer der Normandie. Darauf befindet sich die Abtei Mont St. Michel, deren Ursprung bis ins 8. Jahrhunder zurückgeht und verschiedene Souvenirshops und Restaurants. Die Insel ist ein grosses Touristenmagnet, was auch bei unserem Besuch stark zu spüren war. Trotz Nieselregen drängten sich unzählige Touris durch die engen Gassen. Dabei bleibt die mittelalterliche Atmosphäre zwar ein bisschen auf der Strecke, aber vor allem von aussen und aus der Ferne sieht das Felsenstädtchen sehr speziell aus.
Nun waren unsere Tage mit festem Boden unter den Füssen langsam gezählt. Gespannt machten wir uns also auf Richtung Küste, um unseren Skipper zu treffen und das Segel-Abenteuer in Angriff zu nehmen. Dank Smartphone-Navi fanden wir die schon fast herrschaftliche Residenz von Jean-Yves und seiner Frau problemlos und setzten uns dann gleich mal zu einer ersten Routenbesprechung zusammen. Der Plan sah nun folgendermassen aus: Abfahrt St. Mâlo – Überfahrt zur Kanalinsel Jersey – weiter nach Guernsey – dann wieder zurück zur Küste und dann je nach Wetter und Wind … Zuerst aber gings noch zum örtlichen Fischhändler weil es zum Znacht auf dem Schiff frischen Fisch gab – hm, lecker. Die erste Nacht an Bord würden wir noch im Hafen verbringen, da es wegen den Gezeiten-Verhältnissen in St. Mâlo nicht möglich ist, vor ca. 8:00 Morgens den Hafen zu verlassen. Also nutzten wir den Nachmittag, um das schöne Städtchen zu besichtigen. Allerdings waren auch hier die Fussgängerzonen und die begehbaren Stadtmauern rund um die mittelalterliche Altstadt wiederum ziemlich verstopft mit Sommertouristen. Zurück auf dem Boot richteten wir uns zuerst mal ein in unserer schnuckligen Bugkabine. Die schnittige Centurion 41 S würde mit ihren fast 13 Metern eigentlich Platz für bis zu acht Personen bieten. Für uns als Neulinge waren die auf Booten gegebenermassen meist sehr engen Platzverhältnisse zuerst aber mal gewöhnungsbedürftig. Alles ist irgendwie festgemacht und jedes Türchen verriegelt, so dass bei Wellengang nicht alles drunter und drüber geht. Auch das WC im Miniatur-Badezimmer funktioniert sehr speziell und bei Benutzung mussten jedesmal die Ventile der Zu- und Ableitungsschläuche mit recht grossem Kraftaufwand geöffnet und dann wieder geschlossen werden. Kurz und gut, das Bordleben war für uns eine ganz neue Erfahrung, die uns immer wieder überraschte und auch forderte.
Am Morgen hiess es früh aufstehen, da das Zeitfenster, um den Hafen zu verlassen ziemlich eng war und für uns auch extra die Strassenbrücke geöffnet werden musste. Da wurde es gleich schon recht hektisch, da wir das Schiff losbinden sollten, aber gar nicht so richtig wussten, was eigentlich zu tun war. Irgendwie hatte unser Skipper nicht so richtig realisiert, dass er es mit völligen Anfängern zu tun hatte, was die Regeln auf Hoher See und den Umgang mit grossen Schiffen anbelangte. Das führte dann halt dazu, dass er in brenzligeren Situationen manchmal enerviert selbst Hand anlegen und uns Débutants ein bisschen zusammenstauchen musste. Das war für uns zwar nicht immer so angenehm – andererseits hatten wir auch nicht den Eindruck, dass wir den fast 75-jährigen und buchstäblich mit allen Wassern gewaschenen Seebär noch zu einem pädagogisch etwas wertvolleren Führungsstil bekehren konnten. Ansonsten hatten wir jedoch das Gefühl in sehr kompetenten Händen zu sein und konnten so dem ersten Teil der Route – von St. Mâlo nach Jersey – entspannt entgegensehen. Kaum hatten wir das Hafenbecken verlassen, wurde der stärkere Seegang deutlich spürbar. Im Bereich des Ärmelkanals herrscht oft eine recht starke Dünung, die offenbar leicht 2-3 Meter hoch sein kann. Bei uns waren es so um die 1,50, was aber auch schon für ein kräftiges auf und ab während der ganzen Strecke sorgte. Sechs Stunden Berg- und Talfahrt ist natürlich nicht jedermanns Sache, so dass R so auf halber Strecke dann auch kurz mal die Makrelen füttern musste. Aber gemäss Jean-Yves, passiert das bei den allermeisten Neulingen – zumindest jeweils am ersten Tag. So waren wir nicht ganz unglücklich, als nach ca. 4 Stunden Fahrt die ersten Umrisse von Jersey am Horizont sichtbar wurden. Rund zwei Stunden später fuhren wir schliesslich in den St. Helier Harbour von Jersey ein. Nach einem kurzen Tankstopp mussten wir das Boot zuerst einmal temporär vertäuen, um abzuwarten bis der Pegelstand im Hafenbecken genug hoch war, um in die Marina fahren zu können. Als es dann nach etwa einer Stunde soweit war, bekamen wir ein Liegeplatz ganz am hinteren Ende der Marina zugewiesen. Da Hochsaison war, wurden später noch zwei weitere Segelschiffe an unserem angemacht, sodass der Steg in drei Reihen belegt war. Die Passagiere der anderen Boote mussten dann jeweils über das Deck der anderen Yachten hinweg zum Steg gelangen. Ah, so läuft das also – wieder was gelernt …
In Jersey legten wir einen Zwischentag ein, um die Insel ein wenig erkunden zu können. Dafür kauften wir uns gleich einen Tagespass für die öffentlichen Busse. Eigentlich eine gute Art auf der Insel herumzukommen, wäre da nicht die erwähnte Hochsaison gewesen. Der Touristenstrom (mit vielen Mietautos und übervollen Bussen) zusammen mit der örtlichen Rush-Hour brachte den Verkehr gegen Abend mehr oder weniger zum Erliegen. Trotzdem verbrachten wir einen schönen Tag mit einem feinen Lunch in einem Beach-Restaurant, dem Besuch des eindrucksvollen La Corbière-Leuchtturms und einem Spaziergang durch das pittoreske Küstendörfchen St. Aubin. In der St. Helier Marina erlebten wir auch zum ersten Mal wie das so funktioniert mit dem Marina-Leben: Man erhält bei Ankunft mit dem Boot eine Chipkarte oder einen Code, mit dem man dann die Sanitär-Anlagen benutzen kann – ganz so wie beim Campen, einfach mit Boot statt mit Camper … tout simple.
Die geplante Weiterreise nach Guernsey kippten wir, da der angekündigte Wind (Westnordwest) dafür nicht günstig stand und wir dafür mit Aufkreuzen mehr als die doppelte Zeit benötigt hätten. Deshalb kappten wir am nächsten Tag wieder die Leinen und schipperten gemütlich bei sehr ruhiger See zurück zur französischen Küste. Ruhige See bedeutet allerdings auch wenig Wind, sodass nun der Diesel zum Einsatz kam und die Überfahrt dafür vom Tuckern des Motors begleitet wurde. Dass wir dafür nicht mehr so arg durchgeschüttelt wurden wie bei der Hinfahrt, kam uns aber auch nicht ungelegen. Unterwegs tauchten in einiger Entfernung plötzlich eine kleine Gruppe Delphine auf – sehr schön, sie so in freier Umgebung beobachten zu können. Als wir schon langsam in Küstennähe kamen, packte Jean-Yves seine Schlepp-Angelleine aus, in der Hoffnung ein paar frische Makrelen für das Nachtessen zu fangen. Et voilà , innerhalb kurzer Zeit bissen tatsächlich drei mittelgrosse Exemplare an, die dann als Vorspeise beim Diner auf dem Teller landeten.
Bei der ÃŽle-de-Bréhat angekommen suchten wir uns einen gut geschützten und nicht allzu weit vom Ufer entfernten Ankerplatz in einer sehr idyllischen Bucht. Jean-Yves sagte uns für den nächsten Morgen einen spektakulären Sonnenaufgang voraus, der die Felsen am Ufer leuchtend rot erscheinen lassen würde. Sollte das Wetter entsprechend gut sein, würde er uns frühzeitig wecken. Um ca. 5:30 wurden wir dann durch ein Klopfen und dem Ruf: “Photos …” geweckt. T setzte sich dann auch gleich mit Kamera auf Deck in Warteposition. Leider verhinderten die schnell aufkommenden Wolken das erwartete Felsenglühen, dafür präsentierten sich die Wolkenfronten umso eindrücklicher – die frühe Tagwache hatte sich also trotzdem gelohnt. Nach dem petit déjeuner machte der Skipper das kleine aufblasbare Dingi startklar und brachte uns auf dem recht wackligen Mini-Schlauchboot zur Insel. Die ÃŽle-de-Bréhat ist eine Ansammlung kleinerer Inseln nicht weit vom Festland entfernt. Auf der Hauptinsel gibt es ein kleines Dörfchen mit malerischen Gässchen und Häusern mit schönen Gärten. Ideal, um ein wenig herumzuspazieren, zu baden, picknicken oder in einem der zahlreichen Restaurants z.B. Frites et Moules zu geniessen – was wir natürlich auch prompt machten.
Am späteren Nachmittag und bei erheblich tieferem Wasserstand ging es wieder mit dem Dingi zurück aufs Boot. Die Nacht verbrachten wir dann wieder in der Marina des nicht allzu weit entfernten St. Quay Portrieux. Am letzten Tag konnten wir nochmals unter Wind – mit Hilfe des Genakers – Richtung St. Mâlo segeln. Beim Cap Fréhel auf ca. halber Strecke gingen wir direkt am Fusse der sehr schön restaurierten Festung Fort La Latte vor Anker, um uns ein kleines Zmittag mit ganz spezieller Kulisse zu genehmigen. Anschliessend brachte uns der einigermassen konstant wieder aus Westnordwest kommende Wind zurück nach St. Mâlo, wo es gezeitenbedingt nochmals eine paar hektische Manöver gab. Schlussendlich schafften wir es bzw. der wiederum etwas nervöse Jean-Yves, die Yacht wieder sicher an ihrem Liegeplatz zu vertäuen und genehmigten uns dann zum Abschluss noch ein Gläschen Roten.
Da es inzwischen bereits recht spät geworden war, blieben wir für die letzte Nacht gleich auf dem Boot und wurden dann am nächsten Morgen von Madame wieder abgeholt und zu unserem Auto chauffiert. Nach fast einer Woche auf sehr engem Raum, war es auch wieder erholsam nur zu zweit zu sein. Unser erster Halt war gleich beim nahegelegenen Supermarkt “Super U”, wo wir uns mit Cidre Bouché, belgischem Bier, Wein und verschiedenem Käse eindeckten. Für die Rückreise durch Frankreich nahmen wir uns ebenfalls wieder zwei Tage Zeit. Dieses Mal wählten wir eine etwas nördlichere Route, die streckenweise auf Landstrassen durch kleinere Dörfer und schöne Landschaften führte, dafür etwas mehr Zeit in Anspruch nahm – unser Etappenstop legten wir etwas ausserhalb von Troyes ein. Eine eigentlich recht ideale Streckeneinteilung, die uns am nächsten Tag am frühen Nachmittag wieder in der Zentralschweiz eintreffen liess.
Der kurze Hochseeausflug war für uns doch ein ziemliches Abenteuer, da wir mehr oder weniger null Ahnung hatten, was uns erwarten würde. Zusammenfassend war es aber eine gute, sehr vielseitige und lehrreiche Erfahrung mit Hoch und Tiefs. Ein etwas weniger anspruchsvolles Segelrevier (Wellengang, Gezeiten, Verkehr, Wetter/Temperaturen) und eine etwas entspanntere Lernumgebung wären für den Anfang nicht so schlecht gewesen – dafür sind wir jetzt auch schon ein wenig vorbereitet auf das rauhe Leben auf hoher See …